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Temperaturschwankungen
trainieren den Vierbeiner
Um sich vorzustellen, welche Haltungsbedingungen das Sportpferd
braucht, um bereits dadurch trainiert zu werden, muss man sich
nur kurz vor Augen führen, wie das Pferd in Freiheit lebt,
wofür es ausgerüstet ist und wofür es keine Mechanismen
hat. Pferde sind Steppentiere und keine Höhlenbewohner oder
Tiere, die im Wald leben. Die Steppe bietet wenig Schutz durch
Bäume oder Geländeformationen. Sie bedingt große
Temperaturschwankungen, im Verlauf der Jahreszeiten, aber auch
zwischen Tag und Nacht mit einem Unterschied von bis zu 40 Grad
Celsius, weiterhin viel Licht und volle Sonneneinstrahlung, Wind,
Regen und Schnee. Pferde haben demzufolge eine sehr gute Hitze-
und Kältetoleranz. Ihre Thermoregulation funktioniert kurzfristig
durch Schwitzen, Aufstellen des Fells und über veränderte
Durchblutung im Kapillarsystem der Haut, langfristig über
Fellwechsel und Fettschicht. Dabei sind sie es gewöhnt, dass
es nachts viel kälter ist als tags, und dass sie ständig
mehr oder weniger Wind und Frischluft haben.
Pferde können Kälte, Temperaturschwankungen, Wind
und Klimareize nicht nur gut vertragen, sondern brauchen sie
für ihre Abhärtung und für ihr Training. Rote Blutkörperchen
müssen als Sauerstoffüberträger gebildet werden,
was ein gleichsinniger Trainingseffekt ist. Dagegen haben Pferde
keinen Schutz gegen alles, was sich in stehender Luft ansammelt,
da dies in der Natur für sie nicht vorkommt: dauerhaftes
erhöhtes Aufkommen von Schadgasen, Staub und Krankheitserregern,
Parasiten sowie gegen Zugluft. Die bei Matratzenstreu entstehenden
Ammonikakdämpfe greifen das empfindliche Lungengewebe der
Pferde an und zerstören es langfristig. Lungengewebe vernarbt
und kann sich nicht wieder erneuern. Ebenfalls in der "Matratze"
bei Luftabschluss entsteht Schwefelwasserstoff, das die roten
Blutkörperchen verändert und damit den Sauerstofftransport
hemmt. Beides ist als Anti-Trainingeffekt zu bewerten. Jeder kennt
auch Heustauballergien, chronische Bronchitis bis hin zur Dämpfigkeit.
Pferde brauchen Wind
Durch Luftbewegugen werden Schadstoffe und verbrauchte Luft abtransportiert.
Wind darf nicht mit Zugluft verwechselt werden (siehe auch Rri
2/04). Nur wenige Pferdehalter wissen aber genau, was Zugluft
wirklich ist: Es ist eine Luftströmung, die nicht den ganzen
Pferdekörper trifft, sondern nur einen kleinen Teil und die
außerdem kälter ist als die Umgebungstemperatur. Zugluft
kann folglich nur in Ställen entstehen, die wärmer sind,
als die Außentemperatur und wo die Luft nur an bestimmten
Stellen zirkuliert. In geschlossenen Ställen (Warmställen)
kann im Winter die Forderung nach genügend Frischluft ohne
Zugluft in unseren Breitengraden niemals zufrieden stellend erfüllt
werden. Sie kommt dagegen im Offenstall gar nicht vor.
Pferde brauchen als Steppentiere auch viel Licht. UV-Strahlen
fördern das Wachstum und sind beteiligt am Knochen- und Muskelstoffwechsel
(Bildung von Vitamin D in der Haut), zudem werden rote Blutkörperchen
vermehrt (gleichsinniger Trainingseffekt). UV-Strahlen erhöhen
außerdem die Resistenz gegen Infektionskrankheiten. Mangel
an Tageslicht führt bei Pferden wie auch bei Menschen zu
Blutarmut (Anämie). Dies bedeutet weniger Sauerstofftransport,
aber auch eine verminderte Leistungsfähigkeit der Muskeln,
weil der Kohlenhydrathaushalt gestört abläuft. Es wird
vermehrt Wasser eingelagert (Anti-Trainingseffekt). Große
Fenster im Pferdestall fördern das Wohlbefinden der Pferde,
sind aber kein Ersatz für Tageslicht, da sie die UV-Strahlen
absorbieren.
Offenstall heißt nicht unbedigt Matsche und Gruppenhaltung
Die Alternative zum geschlossenen Boxenstall lautet daher: Offenstall.
Dies bedeutet aber nicht automatisch Gruppenauslaufhaltung. Das
wird oft falsch verstanden. Ein Offenstall ist klimatisch gesehen
zunächst ein Gebäude, das an einer Seite offen und nicht
gedämmt ist. Ob sich in diesem Gebäude Einzelboxen,
Boxen für 2 Pferde oder Laufställe befinden, ob sich
ein Offenstall direkt auf einer Weide befindet, oder ein Paddock
angeschlossen ist, oder sich vor jeder Box ein Kleinauslauf oder
gar kein Auslauf befindet, ist damit noch nicht näher bezeichnet.
Alle baulichen Variationen sind möglich und können nach
der jeweiligen Situation (eigene Pferde oder Pensionsstall, keine
oder hohe Fluktuation, Raumangebot, vorhandene Gebäude, Nutzungszweck
und sportliche Verwendung) errichtet werden.
Offenstallhaltung und Offenstallmanagement -richtig praktiziert
- ist allerdings eine Wissenschaft für sich. Sie hat nichts
mit der Wellblechhütte auf dem Matschpaddock zu tun, wo jeder
denkt: ein Fall für den Tierschutz. Sie ist auch nicht automatisch
die kostengünstigste und zeitsparendste Haltungsform. Vielmehr
müssen Baumaterialien, Abmessungen, Untergrund, Pferdebestand,
Bewegungsmöglichkeiten, Pflege und Fütterung, sowie
die Gewöhnung der Pferde sorgfältig geplant und aufeinander
abgestimmt werden.
Ist Scheren und Eindecken tabu?
Sobald Pferde geschoren werden, damit sie im Winter bei harter
Arbeit nicht zu stark schwitzen, und eine Decke erhalten, werden
sie ihrer natürlichen Fähigkeit, die Körpertemperatur
zu regulieren, beraubt. Hier muss man weiter Eindecken, damit
das Pferd nicht erkrankt. Dennoch kann das Pferd mit Decke in
einem Offenstall (oder Paddockbox) gehalten werden. Schwitzen
Pferde im Winter stark in ihrem langen Haarkleid, gibt es Experten,
die kurz das salzige Fell mit einem Schwamm abwaschen und es dann
wieder rausstellen. Denn auch in der Natur schwitzen Pferde beim
Laufen im Winter, trocknen dann wieder oder werden nassgeregnet.
Häufig kommt es aber individuell auf das Tier an, dessen
Gewohnheit, gesundheitlicher Zustand und die regionstypischen
Witterungen. Sind Sie sich unsicher, können Sie sich bei
einer Umstellung von Boxen- auf Auslaufhaltung gerne bei der Kölner
Pferdeakademie (siehe unten) informieren. (Text: Rika Schneider)
Gesündere Pferde durch Weiterbildung
Planen Sie Ihren eigenen Stall oder suchen Sie nach einem neuen
Pensionsstall? Die Kölner Pferde-Akademie gibt Tipps und
Info zum Thema Haltung: Tel. 0221-4064824, www.koelnerpferdeakademie.de
Das Pferd und dessen optimale Haltung
Durch Exklusivführungen in der Dülmener Wildpferdeherde
und fachlich aufbereiteten Vorträgen zum Thema Haltung, Bewegung
und Umgang lernen Reiter und Pferdebesitzer die Klima- und Thermoregulation
sowie die Bewegungs- und Sozialverhalten der Pferde zu verstehen.
Referenten: Ingolf Bender, Julia Röwekamp, Herzog von Croyische,
Dr. Barbara Rauch.
Infos: www.koelnerpferdeakademie.de,
Tel. 0221/4064824
Kälte, Wind, Klimareize = vermehrte Bildung roter Blutkörperchen,
verbesserte Sauerstoffübertragung, Abhärtung
Licht, UV-Strahlen = Bildug von Vitamin D für den
Knochen- und Muskelstoffwechsel, Wachstum, psychisches Wohlbefinden,
Resistenz gegen Krankheitserreger, Bildung von roten Blutkörperchen
Saubere Luft = Atmungsapparat kann volle Leistung entfalten
Gleichmäßige Temperatur = Krankheitsanfällig,
weniger Blutkörperchen
Dunkelhaft = Blutarmut, gehemmter Sauerstofftransport,
Krankheitsanfälliger, weniger leistungsfähige Muskeln,
Wassereinlagerung, Unlust
Schadgase = bleibende Zerstörung des Lungengewebes
(Ammoniak), Veränderung der roten Blutkörperchen (Schwefelwasserstoff
aus Matratze), gehemmter Sauerstofftansport
Staub = Reizhusten, Allergie, Dämpfigkeit
Gehäuft Krankheitserreger = Ansteckung
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