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Dass Jungpferde nur mit viel Bewegung auf großen Weiden gesund aufwachsen - da sind sich Experten einig. Dass viele Pferde aber über 60 Prozent ihres restlichen Lebens in der Box verbringen, kümmert nur wenige. Pferde brauchen Wind und Wetter, können durch Bewegung im Auslauf trainert werden. Gerade Sportpferde werden durch Offenstallhaltung leistungsfähiger und gesünder. Dr. Barbara Rauch erklärt, wie der gesunde Organismus des Pferdes auf eine natürliche Umgebung angewiesen ist.

Offenstallhaltung, also artgerechte Haltung, ist nicht nur etwas für Freizeitpferde oder naturbezogene Pferdebesitzer. Sportlich genutzten Pferden, insbesondere Hochleistungspferden, bietet diese Art von Pferdehaltung mehr Möglichkeiten gesund und fit fürs Turnier zu sein. Der tägliche Auslauf des Pferdes übernimmt dabei einen Teil des Trainings. Denn dieses besteht nicht nur aus Bewegungsarbeit, sondern auch aus Faktoren, die die Gesundheit und Leistungsbereitschaft der Pferde unterstützen. Nicht artgerechte Haltung und mangelndes Bewegungsprogramm hingegen verursacht oft das Gegenteil: Gesundheit und Leistungsbereitschaft des Sportpferdes werden gehemmt oder sogar gänzlich zunichte gemacht.

Reiten, Fahren oder Longieren - das Training macht nur einen kleinen Anteil des sportlichen Erfolgs aus

Wenn man annimmt, dass die sportliche Eignung mit 20 Prozent genetisch vorgegeben ist, so bleiben 80 Prozent Umweltbedingungen, die das Ergebnis prägen. 4 Jahre (1 Jahr Trächtigkeit und 3 Jahre Aufzucht) gehen in der Regel mindestens der sportlichen Nutzung voraus. Wer würde bestreiten, dass die Haltung der Pferde in diesen Jahren von entscheidender Bedeutung ist? Der Mensch möchte das Pferd nun für bestimmte sportliche Zwecke ausbilden und nutzen. Ausbildung und Training von Reiter und Pferd sind für die Umsetzung der Ziele wichtig. Noch wichtiger sind dabei aber die Haltungsfaktoren: Ein krankes Pferd erbringt gar keine Leistung, ein nicht optimal gehaltenes Pferd erbringt eine schwache Leistung. Menschliche Hochleistungssportler stellen ebenfalls ihr gesamtes Leben auf die Leistung ab. Kein Bereich wird dabei außer Acht gelassen. Wer den ganzen Tag im Bett liegt, und nur einmal am Tag für eine Stunde hart trainiert, muss recht bald mit Verspannungen und Verletzungen rechnen. Zudem kann er selbstverständlich nicht mit demjenigen konkurrieren, der sich den ganzen Tag bewegt, physiotherapeutisch versorgt wird, sich gesund und leistungsbezogen ernährt und sich mit Trainingspartnern austauscht - also mit ganzem Herzen und Spaß bei der Sache ist. Warum sollte das bei Pferden anders sein?




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Temperaturschwankungen trainieren den Vierbeiner
Um sich vorzustellen, welche Haltungsbedingungen das Sportpferd braucht, um bereits dadurch trainiert zu werden, muss man sich nur kurz vor Augen führen, wie das Pferd in Freiheit lebt, wofür es ausgerüstet ist und wofür es keine Mechanismen hat. Pferde sind Steppentiere und keine Höhlenbewohner oder Tiere, die im Wald leben. Die Steppe bietet wenig Schutz durch Bäume oder Geländeformationen. Sie bedingt große Temperaturschwankungen, im Verlauf der Jahreszeiten, aber auch zwischen Tag und Nacht mit einem Unterschied von bis zu 40 Grad Celsius, weiterhin viel Licht und volle Sonneneinstrahlung, Wind, Regen und Schnee. Pferde haben demzufolge eine sehr gute Hitze- und Kältetoleranz. Ihre Thermoregulation funktioniert kurzfristig durch Schwitzen, Aufstellen des Fells und über veränderte Durchblutung im Kapillarsystem der Haut, langfristig über Fellwechsel und Fettschicht. Dabei sind sie es gewöhnt, dass es nachts viel kälter ist als tags, und dass sie ständig mehr oder weniger Wind und Frischluft haben.

Pferde können Kälte, Temperaturschwankungen, Wind und Klimareize nicht nur gut vertragen, sondern brauchen sie für ihre Abhärtung und für ihr Training. Rote Blutkörperchen müssen als Sauerstoffüberträger gebildet werden, was ein gleichsinniger Trainingseffekt ist. Dagegen haben Pferde keinen Schutz gegen alles, was sich in stehender Luft ansammelt, da dies in der Natur für sie nicht vorkommt: dauerhaftes erhöhtes Aufkommen von Schadgasen, Staub und Krankheitserregern, Parasiten sowie gegen Zugluft. Die bei Matratzenstreu entstehenden Ammonikakdämpfe greifen das empfindliche Lungengewebe der Pferde an und zerstören es langfristig. Lungengewebe vernarbt und kann sich nicht wieder erneuern. Ebenfalls in der "Matratze" bei Luftabschluss entsteht Schwefelwasserstoff, das die roten Blutkörperchen verändert und damit den Sauerstofftransport hemmt. Beides ist als Anti-Trainingeffekt zu bewerten. Jeder kennt auch Heustauballergien, chronische Bronchitis bis hin zur Dämpfigkeit.

Pferde brauchen Wind
Durch Luftbewegugen werden Schadstoffe und verbrauchte Luft abtransportiert. Wind darf nicht mit Zugluft verwechselt werden (siehe auch Rri 2/04). Nur wenige Pferdehalter wissen aber genau, was Zugluft wirklich ist: Es ist eine Luftströmung, die nicht den ganzen Pferdekörper trifft, sondern nur einen kleinen Teil und die außerdem kälter ist als die Umgebungstemperatur. Zugluft kann folglich nur in Ställen entstehen, die wärmer sind, als die Außentemperatur und wo die Luft nur an bestimmten Stellen zirkuliert. In geschlossenen Ställen (Warmställen) kann im Winter die Forderung nach genügend Frischluft ohne Zugluft in unseren Breitengraden niemals zufrieden stellend erfüllt werden. Sie kommt dagegen im Offenstall gar nicht vor.

Pferde brauchen als Steppentiere auch viel Licht. UV-Strahlen fördern das Wachstum und sind beteiligt am Knochen- und Muskelstoffwechsel (Bildung von Vitamin D in der Haut), zudem werden rote Blutkörperchen vermehrt (gleichsinniger Trainingseffekt). UV-Strahlen erhöhen außerdem die Resistenz gegen Infektionskrankheiten. Mangel an Tageslicht führt bei Pferden wie auch bei Menschen zu Blutarmut (Anämie). Dies bedeutet weniger Sauerstofftransport, aber auch eine verminderte Leistungsfähigkeit der Muskeln, weil der Kohlenhydrathaushalt gestört abläuft. Es wird vermehrt Wasser eingelagert (Anti-Trainingseffekt). Große Fenster im Pferdestall fördern das Wohlbefinden der Pferde, sind aber kein Ersatz für Tageslicht, da sie die UV-Strahlen absorbieren.

Offenstall heißt nicht unbedigt Matsche und Gruppenhaltung
Die Alternative zum geschlossenen Boxenstall lautet daher: Offenstall. Dies bedeutet aber nicht automatisch Gruppenauslaufhaltung. Das wird oft falsch verstanden. Ein Offenstall ist klimatisch gesehen zunächst ein Gebäude, das an einer Seite offen und nicht gedämmt ist. Ob sich in diesem Gebäude Einzelboxen, Boxen für 2 Pferde oder Laufställe befinden, ob sich ein Offenstall direkt auf einer Weide befindet, oder ein Paddock angeschlossen ist, oder sich vor jeder Box ein Kleinauslauf oder gar kein Auslauf befindet, ist damit noch nicht näher bezeichnet. Alle baulichen Variationen sind möglich und können nach der jeweiligen Situation (eigene Pferde oder Pensionsstall, keine oder hohe Fluktuation, Raumangebot, vorhandene Gebäude, Nutzungszweck und sportliche Verwendung) errichtet werden.
Offenstallhaltung und Offenstallmanagement -richtig praktiziert - ist allerdings eine Wissenschaft für sich. Sie hat nichts mit der Wellblechhütte auf dem Matschpaddock zu tun, wo jeder denkt: ein Fall für den Tierschutz. Sie ist auch nicht automatisch die kostengünstigste und zeitsparendste Haltungsform. Vielmehr müssen Baumaterialien, Abmessungen, Untergrund, Pferdebestand, Bewegungsmöglichkeiten, Pflege und Fütterung, sowie die Gewöhnung der Pferde sorgfältig geplant und aufeinander abgestimmt werden.

Ist Scheren und Eindecken tabu?
Sobald Pferde geschoren werden, damit sie im Winter bei harter Arbeit nicht zu stark schwitzen, und eine Decke erhalten, werden sie ihrer natürlichen Fähigkeit, die Körpertemperatur zu regulieren, beraubt. Hier muss man weiter Eindecken, damit das Pferd nicht erkrankt. Dennoch kann das Pferd mit Decke in einem Offenstall (oder Paddockbox) gehalten werden. Schwitzen Pferde im Winter stark in ihrem langen Haarkleid, gibt es Experten, die kurz das salzige Fell mit einem Schwamm abwaschen und es dann wieder rausstellen. Denn auch in der Natur schwitzen Pferde beim Laufen im Winter, trocknen dann wieder oder werden nassgeregnet. Häufig kommt es aber individuell auf das Tier an, dessen Gewohnheit, gesundheitlicher Zustand und die regionstypischen Witterungen. Sind Sie sich unsicher, können Sie sich bei einer Umstellung von Boxen- auf Auslaufhaltung gerne bei der Kölner Pferdeakademie (siehe unten) informieren. (Text: Rika Schneider)


Gesündere Pferde durch Weiterbildung
Planen Sie Ihren eigenen Stall oder suchen Sie nach einem neuen Pensionsstall? Die Kölner Pferde-Akademie gibt Tipps und Info zum Thema Haltung: Tel. 0221-4064824, www.koelnerpferdeakademie.de

Das Pferd und dessen optimale Haltung
Durch Exklusivführungen in der Dülmener Wildpferdeherde und fachlich aufbereiteten Vorträgen zum Thema Haltung, Bewegung und Umgang lernen Reiter und Pferdebesitzer die Klima- und Thermoregulation sowie die Bewegungs- und Sozialverhalten der Pferde zu verstehen.
Referenten: Ingolf Bender, Julia Röwekamp, Herzog von Croyische, Dr. Barbara Rauch.
• Infos: www.koelnerpferdeakademie.de, Tel. 0221/4064824


 

• Kälte, Wind, Klimareize = vermehrte Bildung roter Blutkörperchen, verbesserte Sauerstoffübertragung, Abhärtung
• Licht, UV-Strahlen = Bildug von Vitamin D für den Knochen- und Muskelstoffwechsel, Wachstum, psychisches Wohlbefinden, Resistenz gegen Krankheitserreger, Bildung von roten Blutkörperchen
• Saubere Luft = Atmungsapparat kann volle Leistung entfalten
• Gleichmäßige Temperatur = Krankheitsanfällig, weniger Blutkörperchen
• Dunkelhaft = Blutarmut, gehemmter Sauerstofftransport, Krankheitsanfälliger, weniger leistungsfähige Muskeln, Wassereinlagerung, Unlust
• Schadgase = bleibende Zerstörung des Lungengewebes (Ammoniak), Veränderung der roten Blutkörperchen (Schwefelwasserstoff aus Matratze), gehemmter Sauerstofftansport
• Staub = Reizhusten, Allergie, Dämpfigkeit
• Gehäuft Krankheitserreger = Ansteckung

 

Quelle Rika Schneider, goodhorsemanship site


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