|
Die „guten, alten Zeiten“ sind vorbei. Man hört es an allen Orten. Insbesondere die Zahlungsmoral hat sich – auch unter Reitern – massiv verändert. Daher ist es kein Einzelfall mehr, dass Stallbetreiber zwar den Stall voll haben, aber diese Pferde ihnen nur das Heu vom Boden fressen, der Pferdeeigentümer aber von seinem Recht auf Zahlung keinen Gebrauch macht. Was in solch einem Fall zu tun ist, erläutert der folgende Beitrag.
Ein Einstellervertrag regelt die Rechte und Pflichten sowohl des Betreibers eines Stalls als auch des Pferdeeigentümers (in Reiterkreisen weithin Pferdebesitzer genannt). Für diese Vertragsart existieren aber keine speziellen Regelungen, weswegen im Einzelfall geprüft werden muss, welche gesetzlichen Vorgaben passen. Je nach Art der Leistung des Stallbetreibers, wie Misten, Fütterung, Beritt und Weidegang, greifen unterschiedliche Vorschriften. Solch ein Vertrag ist aus Elementen eines Miet-, Verwahrungs-, Pacht , Kauf- und Dienstvertrags zusammengesetzt. Er kann mündlich vereinbart werden, dies ist aber im Streitfall für den Stallbetreiber von Nachteil, da er seinen Zahlungsanspruch beweisen muss und nur die gesetzlichen Rechte hat, die nach den vom Gericht angewendeten gesetzlichen Vorschriften bestehen.
Zahlt nun der Einsteller nicht, sollten zuerst die Gründe dafür geklärt werden: Bemängelt der Einsteller die Schlecht- oder Nichterfüllung bestimmter (nach seiner Meinung) vereinbarter Leistungen? Sind diese Vorwürfe gar berechtigt? Wenn nicht, kann der Stallbetreiber seine Forderung geltend machen und für den Fall des fruchtlosen Ablaufs einer festzulegenden Zahlungsfrist Kündigung androhen. Bei nicht fristgerechter Zahlung kann er seinen Zahlungsanspruch per Mahnbescheid oder Klage gerichtlich geltend machen.
Stellt der Einsteller seine Zahlungen ohne Begründung ein, sollte der Stallbetreiber schnell reagieren. Handelt es sich nur um kurzfristig lösbare Zahlungsschwierigkeiten, sollte er einvernehmlich Zahlungsmodalitäten und Fristen vereinbaren. Auch schriftlich abgefasste Ratenzahlungen können sinnvoll sein, es sollten aber Sicherheiten vereinbart werden. Wird allerdings ein Ausfall der Forderung erkennbar, sollte der Stallbetreiber schriftlich zur Zahlung der offenen Beträge auffordern, mit Hinweis auf eine mögliche fristlose Kündigung bei nicht fristgerechter Zahlung. Fruchtet auch diese Maßnahme nicht, kann der übliche Weg über Mahnbescheid, Klage und Vollstreckung gegangen werden, mit der Gefahr, dass eine Zwangsvollstreckung erfolglos bleibt.
Kündigt der Einsteller vorzeitig den Vertrag, schuldet er – bei vertraglicher oder gesetzlicher Kündigungsfrist – die Boxenmiete bis zu deren Ablauf, wobei sich der Betreiber ersparte Aufwendungen anrechnen lassen muss. Das gilt jedoch nicht, wenn der Stallbetreiber die Box umgehend weiter vermieten kann. Die ersparten Aufwendungen umfassen insbesondere die für die Restlaufzeit gesparten Kosten für Futter und Dienstleistungen. Um nicht in Berechnungsprobleme zu geraten, sollte dieser Fall im Einstellervertrag geregelt und der reduzierte Boxenpreis angegeben sein, der auch bei einer zeitweisen Abwesenheit des Pferdes (Klinikaufenthalt, Lehrgang, Turnier) anwendbar wäre.
Ein Pfandrecht am Eigentum des Einstellers ergibt sich dann, wenn der Einstellervertrag schwerpunktmäßig als Mietvertrag einzuordnen ist, was eine Frage des Einzelfalles ist und im Streitfall vom zuständigen Gericht geklärt werden muss. Das Pfandrecht kann aber auch vertraglich vereinbart werden. In jedem Fall kann es das Pferd samt Ausrüstung betreffen, aber auch ein am Stall abgestellter Pferdehänger ist von ihm umfasst. Voraussetzung dafür ist, dass der Einsteller auch Eigentümer ist, was bereits im Einstellervertrag geklärt werden sollte. Ist der Einsteller uneinsichtig, kann der Stallbetreiber durch eine einstweilige Verfügung verhindern, dass das Pferd und die sonstige Ausrüstung aus der Anlage entfernt wird. Sollte dies bereits geschehen sein, kann er sein Recht auf Zurückschaffung einklagen. Dies muss allerdings innerhalb eines Monats nach Kenntniserlangung geschehen. Der Stallbetreiber kann auch ohne gerichtliche Hilfe die Entfernung von Pfandsachen verhindern, darf sie sich aber nicht selbst aneignen. So ist es nicht ohne weiteres möglich, präventiv ein Schloss an der Box anzubringen. Dies schon allein deswegen, weil so eine evtl. erforderliche Notfallbehandlung des Pferdes durch den Eigentümer und dessen Tierarzt vereitelt würde. Damit riskiert der Betreiber, sich wegen „verbotener Eigenmacht“ Gegenansprüchen des Einstellers auszusetzen. Nur wenn die Rechtslage das Pfandrecht eindeutig belegt und ein Einsteller konkret versucht, Pferd oder Zubehör aus dem Stall zu entfernen, darf der Stallbetreiber dies verhindern.
Gepfändete Gegenstände dürfen nur öffentlich versteigert werden, dies muss öffentlich bekannt gemacht werden. Eine Versteigerung darf erst einen Monat nach – am Besten schriftlich erfolgter – Androhung der Verwertung stattfinden. Zur Versteigerung sind ausschließlich Gerichtsvollzieher, Notare sowie öffentlich bestellte Versteigerer befugt. Eine Abweichung von diesen Vorschriften lässt die Verwertung unrechtmäßig werden und kann zu Regressansprüchen gegenüber dem Stallbetreiber führen. Auch muss die Verhältnismäßigkeit einer Forderung zum Wert des Pfandes geprüft werden. Handelt es sich um ein Pferd von weit höherem Wert als die offene Forderung des Stallbetreibers, wäre die Verwertung nicht zulässig, wenn andere Pfandsachen, wie Sattel und Ausrüstung zur Verfügung stehen und ausreichen.
Sorgfältig formulierte Einstellverträge sind für Stallbetreiber die beste Prävention gegen Forderungsausfälle. Die ungeprüfte Verwendung von Musterverträgen birgt jedoch erhebliche Gefahren. Bei Zahlungsverzug sollte unverzüglich mit dem Einsteller gesprochen werden. Wirtschaftlich ist es selbstredend zunächst sinnvoller, außergerichtliche Lösungen anzustreben, wobei auch hier ein Anwalt hilfreich sein kann. Aufwand und möglicher Ertrag eines gerichtlichen Verfahrens sollten sorgfältig abgewogen werden.
Grundsätzlich sollte man seine Ansprüche nicht ohne rechtlichen Beistand verfolgen, gleiches gilt naturgemäß für die Verteidigung gegen vermeintliche Ansprüche. Hilfe bei der Anwaltssuche bietet der Deutsche Anwaltverein unter www.anwaltauskunft.de.
Mehr dazu
Rechtsprechung: Wissenswertes zum Thema Tierarzthaftung
Autor: RA Frank Richter, www.richterrecht.com
Zum
wittelsbuerger.com-Expertenforum gelangen Sie hier.
Fügen
Sie diese Seite Ihren Bookmarks hinzu!
|