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Ist beim Pferdekauf die Kaufsache Pferd mangelbehaftet und hat der Schuldner dies zu vertreten, stehen dem Gläubiger verschiedenste Rechte zu.
Zu beachten ist, dass der Verkäufer zunächst immer unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung aufgefordert werden muss, bevor weitere Rechte geltend gemacht werden können. Dabei hat der Gläubiger grundsätzlich die Wahl zwischen Lieferung einer mangelfreien Sache und der Beseitigung des Mangels.
In puncto Schadensersatz hat der Gläubiger nach erfolgloser Nacherfüllung grundsätzlich die Wahl zwischen großem und kleinem Schadensersatz.
Vom großen Schadensersatz wird gesprochen, wenn der Gläubiger die Kaufsache aufgrund ihrer Mangelhaftigkeit zurück gibt und dafür Schadensersatz für die Nichterfüllung des ganzen Vertrags verlangt. Dafür muss die Pflichtverletzung des Schuldners „erheblich“ sein.
Vom kleinen Schadensersatz ist dagegen die Rede, wenn der Gläubiger die mangelbehaftete Kaufsache behält und den Wertunterschied zu einer mangelfreien Kaufsache geltend macht. Für den kleinen Schadensersatz ist jede Pflichtverletzung des Schuldners ausreichend, diese muss also nicht „erheblich“ sein.
Schadensersatz „statt“ der Leistung kann gefordert werden, wenn der Mangel durch eine hypothetische Nacherfüllung beseitigt werden würde. Würde diese gedachte Nacherfüllung den Schaden nicht beseitigen – etwa weil dieser durch die verzögerte mangelfreie Lieferung unwiderruflich bereits entstanden ist – handelt es sich um einen Fall des Schadensersatzes „neben“ der Leistung.
Unter den oben genannten Umständen sind auch die Rücktrittsvoraussetzungen erfüllt, sodass der Gläubiger vom Vertrag zurücktreten kann. Als Rechtsfolge sieht das Gesetz die Rückgewähr der aus dem Vertrag empfangenen Leistungen vor, sprich Kaufpreisrückzahlung und Rückgabe der Kaufsache.
Der Gläubiger kann den Kaufpreis auch – je nach Erheblichkeit des Mangels – mindern. Bei einer Minderung „auf null“ ist die Kaufsache zurückzugeben.
Zum Rücktritt steht die Minderung allerdings in Konkurrenz, § 441 Abs. 1 BGB stellt den Gläubiger vor die Wahl zwischen Rücktritt und Minderung.
§ 284 BGB bietet eine Alternative, die der Gläubiger nur anstelle eines Schadensersatzanspruches statt der Leistung wählen kann. Sie gibt dem Gläubiger einen Anspruch auf Ersatz vergeblicher Anwendungen. Diese Aufwendungen sind freiwillige Vermögensopfer, die der Gläubiger im Vertrauen auf die vertragsgemäße Leistung erbracht hat und die sich wegen der nicht vertragsgemäßen Leistung als nutzlos erweisen.
Die Rechtsprechung billigt dem Käufer Ersatz für u.a. Futter-, Tierarzt-, Unterbringungs-, Hufschmied-, Beritt- und Versicherungskosten zu (u.a. LG Münster, Urteil vom 17. August 2007, Az. 011 O 301/06).
Nicht unter § 284 BGB fallen dagegen entgangene Gewinne aus einem anderen Geschäft, etwa aus der Zucht (BT-Drs. 14/6040, S. 144), was nicht bedeutet, dass der Gläubiger diese nicht im Rahmen der Schadensersatzansprüche geltend machen kann.
Im Konkurrenzverhältnis zum Rücktritt hat der Gläubiger die Wahl, ob er eine Rückabwicklung nach den Rücktrittsvorschriften oder nach Maßgabe des § 284 BGB einen Ersatz seiner bereits geleisteten Gegenleistung wünscht.
Für entgangene Freizeitnutzung, „entgangene Reitfreude“, … gibt es aber nichts. Auch können nur Anwendungen ersetzt werden, die nicht von Nutzungsvorteilen ausgeglichen bzw. behoben werden (LG Dortmund Urt. v. 27.2.2008 – 8 O 417/06). Gleiches gilt für Schmerzensgeldansprüche des Tieres (AG Wiesbaden, Az.: 93 C 2691/11 – 34) oder des trauernden Besitzers (Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. März 2012, VI ZR 114/11).
Obwohl Pferde nach § 90a BGB rechtlich wie Sachen zu behandeln sind, handelt es sich bei ihnen um Lebewesen, wodurch ein Sachmangel im Sinne des § 434 BGB nicht immer eindeutig festzustellen ist. Jedes Pferd hat individuelle Anlagen, sodass ein Käufer kein perfektes Pferd bei seinem Erwerb erwarten darf (LG Gießen Urt. v. 23.11.2012 – 4 O 218/12).
Die oben genannten Mängelansprüche verjähren gemäß § 438 Absatz 1 Nr. 3 BGB nach zwei Jahren. Ansprüche auf Schadenersatz können hingegen 10 Jahre nach ihrer Entstehung bestehen bleiben.
Damit die Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden können, muss bewiesen werden, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs vorlag. Zudem muss bewiesen werden, dass der Mangel zumindest fahrlässig durch das Verhalten des Verkäufers entstanden ist.
Ein besonderer Fall des Pferdekaufs liegt bei einem Verbrauchsgüterkauf und bei einer Pferdeauktion vor.
Ein Verbrauchsgüterkauf liegt vor, wenn eine Privatperson ein Pferd von einem Unternehmer kauft. Nach § 14 BGB ist jene Person Unternehmer, welche beim Abschluss eines Rechtsgeschäftes in Ausübung jener gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Dabei muss die Person nicht das Ziel verfolgen, durch seine Tätigkeit Gewinn zu machen (BGH, Urteil vom 29.03.2006 – VIII ZR 173/05).
Bei einem Verbrauchsgüterkauf wird die Privatperson, aufgrund der vorteiligen Stellung des Unternehmers besonders geschützt. So kann der Unternehmer beispielsweise, nach § 475 Absatz 1 BGB, die Haftung für Sachmängel nicht ausschließen.
Wird das Pferd bei einer Auktion erworben, gelten die Regeln des Verbrauchgüterkaufs in dem Fall, dass es sich bei dem Auktionator um einen Unternehmer handelt. Sollte hingegen das Pferd bei einer öffentlichen Auktion erworben worden sein, finden die speziellen Vorschriften eines Verbrauchgüterkaufs keine Anwendung.
Grundsätzlich sollte man seine Ansprüche nicht ohne rechtlichen Beistand verfolgen, gleiches gilt naturgemäß für die Verteidigung gegen vermeintliche Ansprüche. Hilfe bei der Anwaltssuche bietet der Deutsche Anwaltverein unter www.anwaltauskunft.de.
Mehr dazu
Rechtsprechung: Wissenswertes zum Thema Tierarzthaftung
Autor: RA Frank Richter, www.richterrecht.com
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