Kreuzverschlag
ist eine bekannte und gefürchtete Erkrankung bei Pferden. Nicht
immer ist jedoch die massive Kraftfuttergabe an einem Stehtag
die Ursache. Amerikanische Studien legen nahe, dass die Muskelstoffwechselerkrankung
Polysaccharid-Speicher-Myopathie (PSSM) verantwortlich ist für
eine Form von Kreuzverschlag vor allem bei wiederkehrenden Symptomen.
Auch der „Hahnentritt“ – das krampfartige Hochziehen der Hinterbeine
– scheint eine Folgeerscheinung von PSSM zu sein.
Empfänglich
sind vorrangig alle stark bemuskelten Rassen, wie American Quarter
Horses, Paint Horses und Appaloosa. Aber auch Warmblüter, Ponys,
Haflinger und in großer Anzahl Kaltblüter sind betroffen.
Bei PSSM handelt
es sich um eine degenerative Muskelerkrankung. Es kommt zu einer
unnatürlichen Speicherung von Mehrfachzucker in den Muskelzellen.
Statt diese zu zerlegen, bilden sich in der Muskulatur amylaseresistente
Einschlüsse, d.h. die Stärkemoleküle können nicht durch das entsprechende
Enzym Amylase gespalten werden. Es entsteht also eine primäre
Energieunterversorgung trotz augenscheinlich ausreichender Fütterung
mit herkömmlichem Kraftfutter. Die Nutzung von Muskelglycogen
scheint aber normal oder sogar besonders effektiv zu sein
Als Symptom tritt nicht immer sofort ein Kreuzverschlag mit starker
oder vollständiger Bewegungseinschränkung der Hinterhand auf. Vielfältige
Merkmale können ein Hinweis sein:
Ohne Behandlung
betroffener Pferde treten massive Muskelschädigungen auf, die
zur Abgabe des Pigments Myoglobin (Muskelfarbstoff) ins Blut führen.
Hierdurch färbt sich der Urin dunkel-rot-braun. Weiterhin kann
eine Unbeweglichkeit mit Festliegen folgen, wonach häufig der
Tod eintritt.
Erkrankte
Pferde sind zunächst nicht oder nur in eingeschränktem Maße nutzbar.
Sie bedürfen einer lebenslangen diätetischen Behandlung und eines
stressreduzierten Managements mit gesondertem Bewegungsprogramm.
Wesentliche Merkmale der Diätfütterung sind ein vergleichsweise
hoher Fettgehalt und der weitestgehende Verzicht auf lösliche
Stärke sowie Mono- und Disaccharide zur Minimierung der Insulinraktion
nach der Futteraufnahme.
Bei PSSM Verdacht
gibt es unterschiedliche Diagnose-Möglichkeiten. Am sichersten
kann die Krankheit über eine Muskelbiopsie diagnostiziert werden.
Hierbei werden Zellanomalien und die Anwesenheit gespeicherter
Polysaccharide festgestellt. Diese Möglichkeit ist jedoch die
aufwendigste.
Aus Blutuntersuchungen
(Creatin Kinase – Aktivität) insbesondere nach Bewegung können
Informationen abgeleitet werden. Eine sichere Diagnose allein
aufgrund der Blutwerte kann jedoch nicht gegeben werden.
Eine weitere
Möglichkeit bei PSSM-Verdacht ist, die Ernährung des Pferdes auf
eine entsprechende Diät umzustellen, da diese absolut unschädlich
für alle Pferde ist. Bei entsprechender Haltung mit möglichst
viel Auslauf und regelmäßiger Bewegung sowie wenig Stress wird
das erkrankte Pferd in den meisten Fällen innerhalb weniger Wochen
positiv auf die Ernährungsumstellung regieren.
Doch wie füttert
man sein Pferd getreidestärkefrei?
Eine reine
Grundfutterernährung (Heu oder Gärheu, Stroh, Weide) plus Mineralfutter
kommt allerhöchstens für Pferd im Erhaltungsstoffwechsel in Betracht.
Aber auch diese Pferde benötigen ein Fettsupplement über Krippenfutter
zur Reduktion der Insulinreaktion. Bei Mehrbedarf an Energie durch
Leistung wird es notwendig, konzentrierte Energie zuzuführen.
Dies erfolgt üblicherweise durch die Gabe von Futterkonzentraten
wie pelletiertes Mischfutter, Müslifutter oder Getreidemischungen.
Um eine ausreichende
Energieversorgung zu gewährleisten und gleichzeitig die Insulinreaktion
zu reduzieren, muss die Getreidestärke durch Fett ersetzt werden.
Dazu eignen sich in erster Linie pflanzliche Öle (besonders Soja-
oder Maiskeimöl) oder z.B. Reiskleie, die sehr fetthaltig ist.
Da die Fettverbrennung effektiver ist, als die der Kohlenhydrate,
gewinnt das Pferd mehr Energie und produziert weniger überschüssige
Körperwärme. Es muss also eine deutlich geringere Menge an Futter
gefüttert werden, um dieselbe Menge an verdaulicher Energie zu
liefern.
Bei der Umstellung
auf die „Fettdiät“ benötigen die Pferde wie bei jedem Futterwechsel
einige Zeit der Umgewöhnung. Der Stoffwechsel muss sich erst auf
den veränderten Energielieferanten einstellen. Mittelwert für
den benötigten Anpassungszeitraum der Pferde an die Diät sind
zwei bis vier Monate. Anzeichen für ein Anschlagen der Diät sind
mehr verfügbare Energie, raumgreifende und bessere Bewegungen
sowie Muskelaufbau.
Will man sein
Pferd auf eine getreidestärkefreie Ernährung umstellen – egal
ob zur Prophylaxe oder im Krankheitsfall – steht man vor einem
Problem. Alle in Deutschland auf dem Markt erhältliche Allein-
oder Ergänzungsfuttermittel enthalten Hafer, Gerste oder Mais.
Jedenfalls war das bis jetzt so. Anfang 2004 wurden im Rahmen
einer Meisterarbeit umfangreiche Versuche mit verschiedenen stärkefreien
und –haltigen Futtermitteln angestellt. Die Untersuchungen und
Auswertungen der Ergebnisse durch Frau PD Dr. habil. Annette Zeyner
von der Veterinärmedizinischen Fakultät an der Universität Leipzig
führten in Zusammenarbeit mit Herrn Hans-Hinnrich Moss von der
„Scharnebecker Mühle“ zu einem neuen Pferdefutter, welches allen
Anforderungen PSSM kranker Pferde gerecht wird. Darüber hinaus
empfiehlt sich dieses Futter auch vorbeugend für alle übrigen
Quarter Horses und andere Pferde dieses Typs. Denn auch diese
Pferde können nur von den positiven Eigenschaften des Futters
profitieren. In naher Zukunft wird dieses Futter nun endlich auf
dem Markt erhältlich sein.
Conny Hoffmeister
(Pferdewirtschaftsmeisterin), Braunschweig
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