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Serie Starting Colts (9)
Der Klassiker - Die Kontervolte
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Volte in Außenstellung, Kontervolte, indirekte Biegung oder Counterbend Position (amerikanischer Ausdruck) – es gibt viele Begriffe für DEN Klassiker unter den gymnastischen Übungen im Westernreiten. Fast jeder Trainer verlangt diese Übung von seinen Pferden bzw. seinen Reitschülern. Bevor wir jedoch diese Übung dem Pferd lehren, sollte es selbstverständlich sein, dass der Reiter nicht nur die technische Ausführung, sondern auch den Sinn und Zweck dieser Übung kennt, um sie richtig und gewinnbringend für die Pferdeausbildung nutzen können.



 



Es nützt uns nichts, diese Übung zu kennen und zu können, sie aber dann in entscheidenden Momenten innerhalb unseres Trainings nicht zielorientiert einzusetzen. Das wäre verschenkte Mühe!

Was erreichen wir durch die Volte in Außenstellung? – In erster Linie gymnastizieren wir dabei schwerpunktmäßig die Schulter des Pferdes und fördern ein Übertreten der Vorderbeine.

Wann brauchen wir das? – In allen Bereichen des Trainings versuchen wir, die Kontrolle der Schulter zu behalten, um ausbalanciert und spurtreu unser Ziel zu erreichen. Jeder von uns kennt jedoch das Gefühl, wenn das Pferd nicht seine Spur hält, kippt oder in eine Richtung lehnt. Gerade die Schulterausrichtung des Pferdes wird innerhalb seiner Ausbildung stetig korrigiert, sofern wir technisch „korrekt“ reiten möchten.

Wenn wir die Schulterkontrolle vernachlässigen, bekommen wir Pferde, die z.B. Ecken nicht auslaufen und abkürzen. Volten fühlen sich wie Ostereier an (und sehen auch so aus), auf dem Zirkel wird der innere Zügel immer schwerer, Wendungen fühlen sich nicht flüssig an. In der weiteren Ausbildung wird sich das Pferd beim Galoppwechsel in eine Richtung lehnen, nicht sauber umspringen und beispielsweise nur vorne wechseln.

Kurz und knapp gesagt:
Die Kontrolle und Ausrichtung der Schulter sind für viele Manöver und Lektionen das A und O!

Wie zu Beginn der Serie erwähnt, ist das Basistraining ein Fundament, auf das ich immer wieder zurückgreife, um auch schwierigere Lektionen zu lehren, zu verbessern und zu korrigieren.

Step by Step zur Kontervolte

Wenn wir nun die Hilfen der Kontervolte aufschlüsseln, wird ganz schnell klar, dass sie ein Zusammenspiel von mehreren Hilfen ist und der Reiter es mit entsprechender Vorarbeit deutlich leichter hat:

Aus meiner Sicht sollten Pferde nicht mehrere Reiterhilfen gleichzeitig erlernen. Ich ziehe es vor, step by step vorzugehen, und deshalb kommt innerhalb meines Trainings die Kontervolte erst dann, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind und das Pferd bereits die notwendigen Hilfen kennt.

Wer sich ein wenig an einen Plan hält und Zusammenhänge versteht, wird ganz schnell erkennen, wann der Zeitpunkt gekommen ist, einen Schritt weiter zu gehen.

Um Kontervolten zu reiten, sollte ein Pferd sich stellen lassen, dem Schenkel weichen und einen begrenzenden Zügel akzeptieren. Auch spielt die Verlagerung des Reitergewichts eine nicht unwichtige Rolle. All dies wird in der Übung der Kontervolte zusammengeführt. Mehrfach wiederholt und stetig verbessert, wird sie schließlich zur Routine und es entsteht eine „Leichtigkeit“ in dieser Übung. Dann sind wir auf einem guten Weg!

Wer die Serie bisher verfolgt hat, kennt die Ausbildungsschritte, die das Pferd bisher erlernt hat. Es war mir wichtig, dass das Pferd dem direkten Zügel nachgibt und willig seinen Kopf lateral zur Seite stellen lässt. Da ich dadurch jedoch nur Stellung und keine Lenkung habe, ist in der vergangenen Ausgabe die Aufgabe und Wirkung des begrenzenden Zügels thematisiert worden. Durch Reiten eines Sechsecks versuchten wir dabei, schwerpunktmäßig die Schultern (Lenkung) zu kontrollieren.

Erst wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, arbeite ich nun an den Kontervolten! Vorher macht es für mich einfach keinen Sinn: Ich würde das Pferd nur sinnlos überfordern und Reaktionen des Tieres bekommen, die mehr von Missverständnissen geprägt wären.

Deshalb die einfache Feststellung: Wer an Stellung und Sechseckreiten gearbeitet hat, wird es nun deutlich leichter haben. Wenn wir nach diesen Übungen an die Kontervolte gehen, dann ist das nichts anderes, als beide Übungen (Stellung & Sechseckreiten) miteinander zu kombinieren. Denn dabei stellen wird das Pferd in eine Richtung und lassen die Schulter vom Schenkel weg in die andere Richtung weichen.

Wie fange ich an?

Es gibt nun mehrere Möglichkeiten, sinnvoll mit einem Pferd an diesen Übungen zu arbeiten. Ich beginne damit in der Regel an der Ecke des Platzes. Zuerst gehe ich einige Volten in Innenstellung und achte darauf, dass das Pferd locker wird und sich dabei wohl fühlt. Gehe ich z.B. im Uhrzeigersinn eine Volte und komme an die Bande, beginne ich nun, den äußeren linken Zügel Richtung Sattelhorn zu führen, um das Pferd leicht nach links zu stellen. In der Lernphase erleichtert die Zügelführung über dem Horn die Aufgabe (ein in der Ausbildung weiter voran geschrittenes Pferd braucht das nicht mehr so deutlich, weil es dem Schenkeldruck deutlicher weicht). Den rechten begrenzenden Zügel führe ich seitlich vom Pferd Richtung Voltenmitte. Dieser Zügel ist elementar wichtig, da er die Bewegungsrichtung unterstützt und, wie der Name schon sagt, stellungsbegrenzend wirken muss.

Schenkt man der Zügelführung des begrenzenden rechten Zügels keine Aufmerksamkeit, kann das Pferd sich u.U. viel zu weit nach links außen stellen und wir bekommen ein Problem. Mein äußerer linker treibender Schenkel ist eine handbreit hinter dem Gurt und soll das Weichen der Schulter unterstützen. Der rechte Schenkel hat die Aufgabe, das Pferd in der Vorwärtsbewegung zu unterstützen und liegt etwa zwei bis drei Handbreit hinter dem Gurt. Mein Reitergewicht verlagere ich dabei ein wenig in die Bewegungsrichtung, also nach rechts. Auf keinen Fall knicke ich dabei in der Hüfte nach links außen um das Pferd „zu schieben“. Mit diesen Hilfen und der begrenzenden Bande verlange ich nun einige wenige, vielleicht zwei bis vier Tritte an der Bande.

In der Ecke mit Hilfe der Bande fällt es den Pferden meistens leichter und sie verstehen mich besser als im „freien Raum“.

Nachdem das Pferd diese wenigen Tritte gemacht und die Bande geholfen hat, stelle ich das Pferd auf der Volte wieder nach innen und drücke mit dem inneren Bein „die Schultern wieder rüber“! Durch stetige Wiederholung zu beiden Seiten kann man von Tag zu Tag spüren, wie sich der Körper des Pferdes im vorderen Drittel leichter ausrichten lässt und das Pferd sicherer wird.

Aber Achtung: Durch den Beginn der Übung in der Ecke wollen wir natürlich dem Pferd nicht lehren, eine Ecke immer in Aussenstellung zu laufen und die Mittelhand nach innen zu drücken. Eigentlich wollen wir ja an dieser Stelle in der Regel das Gegenteil. Ein Pferd soll in Innenstellung die Ecke sauber auslaufen! Deshalb verlasse ich diese Position sobald ich spüre, dass das Pferd beginnt zu verstehen.

Verschiedene Linien im freien Raum

Spüre ich die ersten Erfolge in der Ecke, verlagere ich die Volte an die lange Seite und nutze dort nur noch für einen Moment die Hilfe der Bande.

Immer dann, wenn meine Volte auf den Hufschlag trifft, stelle ich das Pferd wieder für zwei bis drei Tritte nach außen und verlange die Schulterkontrolle nun hier. Das gelingt in der Regel bald.

Fühlt es sich von Tag zu Tag besser an, wird es Zeit, die Übung in den freien Raum zu verlagern und an der Form und Leichtigkeit zu arbeiten. Hierzu begebe ich mich auf eine Volte mit sechs bis acht Meter Durchmesser, diesmal in der Mitte der Bahn. Wie immer muss das Pferd sich erst zufrieden und gelöst auf der Volte bewegen, bis ich die Übung beginne. Und hier variiere ich komplett durch:

Gehe ich z.B. links herum, so versuche ich die Stellung beizubehalten (also links) und das Pferd mit den Vorderbeinen zwei bis drei Tritte in eine neue Volte nach rechts zu schicken - in eine Volten-Acht. Folgt das Pferd dieser Aufforderung und geht in Außenstellung in die neue Richtung stelle ich das Pferd nach 2-3 Schritten in der neuen Volte wieder nach innen und lasse es eine direkte Volte nach rechts gehen. Dann reite ich natürlich das Gleiche andersherum – aber anfangs immer nur wenige Tritte!

Das Pferd sollte während der Übung mobil bleiben. Es ist normal, dass das Pferd durch die Außenstellung etwas langsamer wird. Aber auf jeden Fall sollten wir vermeiden, dass es stehen bleibt! In dieser Lernphase reite ich jedoch nie halbe oder ganze Kontervolten – immer nur wenige Schritte.

Davon jedoch jeden Tag etwas mehr, bis ich ganze Volten reiten kann. Es ist wie immer: In der Lernphase stellen wir dem Pferd eine Aufgabe und lassen unsere Hilfe solange anstehen, bis das Pferd die Lösung gefunden hat!

Wenn das Pferd die Kontervolte im Schritt gut und flüssig ausführt, kann ich den nächsten Schwierigkeitsgrad in Angriff nehmen: Im Trab gehe ich nach der gleichen Reihenfolge vor. Ich beginne in der Ecke der Halle, verlege die Übung anschließend an die lange Seite usw.

Auf die Form achten – an der Durchlässigkeit arbeiten!

Ganz gleich, ob ich nun in der Ecke beginne, die Position an die lange Seite verlege oder schon im freien Raum daran arbeiten kann: Ich versuche von Beginn an, an der Durchlässigkeit zu arbeiten.

Es ist normal, dass das Pferd am Anfang der Übung vielleicht etwas gegen das Gebiss geht und sich im Hals fest macht. Gerade deshalb ist es so wichtig, nur zwei bis drei Tritte zu verlangen, bevor das Pferd sich noch fester macht und an Widerstand denkt.

Meine Aufgabe als Reiter ist es, zu fühlen, wann das Pferd eine Tendenz weicher wird in der Hand und beginnt nachzugeben.

Manchmal beginnt das Pferd mit korrekten Schritten, ist aber fest im Hals und liegt auf der Hand. Beim dritten Schritt bietet das Pferd plötzlich etwas Nachgiebigkeit an und wird leichter in der Hand. Es ist von großem Vorteil, dies fühlen und entsprechend reagieren zu können! Es würde uns nichts nützen, wenn das Pferd zwar Kontervolten laufen kann und wir die Schultern dadurch kontrollieren und aufrichten können, aber das Pferd sich im Hals fest macht.

Das Pferd soll im Laufe der Zeit lernen, Funktion (Körperausrichtung) und Form (Durchlässigkeit) zu verbinden.

Basisübungen als „Werkzeugkiste“ zur Korrektur

Am Anfang der Pferdeausbildung fangen wir stets langsam an, uns mit dem Pferd verschiedene Basisübungen zu erarbeiten. Damit stellen uns über Monate eine „Werkzeugkiste“ zusammen, mit der wir dann sinnvoll an höheren Aufgaben arbeiten und die wir zu Korrekturzwecken einsetzen können. Basisübungen sind für mich eine Sammlung verschiedener Werkzeuge, die ich gebrauche und zu denen ich stets zurückkomme, um das Pferd zu korrigieren.

Wenn ich nun mein Pferd in bestimmten Lektionen reite (Zirkel, Volten, gerade Linien, usw.) und ein Körperteil des Pferdes bleibt nicht zwischen meinen Hilfen, hole ich die entsprechende Übung aus meiner „Werkzeugkiste“ und kann damit unmittelbar „reparieren“ (korrigieren).

Diese „Werkzeugkiste“ enthält neben der Kontervolte z.B. auch das Schenkelweichen, Vorhand- und Hinterhandwendungen, Kruppe herein und viele weitere Übungen. Doch dazu in späteren Folgen mehr!

Die Kontervolte setze ich z.B. in diesen Situationen als Korrektur ein:

 Mein Pferd soll gerade links angaloppieren, nimmt dabei aber den Hals nach rechts und drückt mit der Schulter nach links statt geradeaus zu laufen.

Korrektur = Konterbewegung nach rechts und erneut versuchen, gerade nach vorne anzugaloppieren.

 Auf dem Zirkel lässt das Pferd die innere Schulter fallen und der innere Zügel wird „immer schwerer“.

Korrektur = Kontervolte nach außen.

 Das Pferd springt auf dem Zirkel nach rechts im Galopp falsch an, weil es mit der Schulter deutlich nach innen drückt und nicht vom inneren rechten Bein weg bleibt.

Korrektur = Kontervolte (rechts gestellt nach links reiten) und daraus dann rechts anspringen lassen.

 Beim Turn an einem Rind (Cuttingtraining) schmeißt das Pferd die Schulter zuerst in den Turn („lean into the Turn“).

Korrektur = Wendung abbrechen, Rind laufen lassen, Kontervolte reiten und daraus „trocken eine Wendung ohne Rind“ einleiten. Das Gleiche gilt für den Rollback, wenn das Pferd sich in den Rollback lehnt. Generell sind Wendungen aus einer Kontervolte ein Klassiker im Rindertraining. Wenn wir uns vorstellen, dass ein Cuttingpferd während seiner Ausbildung in einem Roundpen den kleineren Kreis läuft und nach außen zum einzelnen Rind schaut, bewegt es sich in einer Konterbiegung.

Diese Körperausrichtung erleichtert den nächsten Turn nach außen deutlich, weil dadurch die äußere Schulter aufgerichtet wird und besser über die Hinterhand schwingen kann.

Es gäbe noch etliche Beispiele aus allen Disziplinen, bei denen eine Kontervolte sinnvoll eingesetzt werden kann, um einen Bewegungsablauf zu optimieren bzw. zu korrigieren. Deshalb lehre ich diesen Klassiker meinen Pferden und versuche, Beständigkeit und Leichtigkeit in diese Übung zu bekommen.




Serie Starting Colts
Teil 1: Systematisches und schonendes Training für junge Pferde
Teil 2: Die Voraussetzungen beim Pferd, den Trainingsmöglichkeiten und dem Equipment
Teil 3: Erste Bodenarbeit und Hufe Geben
Teil 4: Zielorientierte Bodenarbeit als Vorbereitung zum Anreiten
Teil 5: Gewöhnung an Sattel, Reitergewicht und Trense sowie das Fahren vom Boden
Teil 6: Die ersten Schritte „von Oben“
Teil 7: Die ersten Schritte „von Oben“
Teil 8: Die ersten Schritte „von Oben“

Fortsetzung folgt…


Quelle:
Stefan Ostiadal


Fragen? Die 20 wittelsbuerger.com-Experten helfen gerne weiter,

z.B. Petra Roth-Leckebusch für den Bereich Zucht.
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