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Es kommt immer wieder vor, dass mir Eigentümer ihre Pferde anvertrauen
und ich sie dann frage, was mit dem Pferd schon gearbeitet wurde.
Dabei kommt von meiner Seite immer die Frage nach dem Sattel.
„Ja, den Sattel kennt es schon“, bekomme ich darauf nicht selten
zu hören. Doch „den Sattel kennen“ ist eine Beschreibung, die
ich mir gerne genauer erklären lasse. Wenn mich jemand nach dem
Schauspieler Brad Pitt fragt, könnte ich auch antworten, dass
ich ihn kenne. Nur getroffen habe ich ihn noch nie! Und so geht
es auch manchen Pferden mit den Sätteln: Einige Pferde haben schon
einmal einen Sattel gesehen. Manche haben ihn sogar bereits auf
dem Rücken gespürt. Wieder Andere haben sogar schon das Angurten
erlebt und einige Pferde haben ihn sogar schon mit baumelnden
Steigbügeln in allen Gangarten an der Longe getragen.
Vorbereitung für das erste Satteln
„Fakt ist, dass Pferde an den Sattel und besonders an das
Gurten gewöhnt werden müssen, damit wir in der Stallgasse nicht
das Gefühl von ‚Hochseeangeln‘ bekommen.“
Und auch das Wackeln der Steigbügel sollte kein Drama mehr auslösen.
Für den Prozess des „an den Sattel Gewöhnens“ gibt es ein paar
Schritte, die den Prozess erleichtern. Schon vom Boden aus kann
mit einem Bodenarbeitsseil das Gurten simuliert werden. Dazu legt
man einfach das Seil über den Rücken auf der Höhe der Gurtlage,
fasst unten am Bauch das Ende und zieht mit Gefühl etwas an.
Wer das mehrfach wiederholt, kann so den Gurtdruck simulieren.
Die nächste Stufe wäre das Anlegen eines Longiergurtes. Warum
nicht gleich den Sattel? Ich bevorzuge den Longiergurt, weil er
keinen Schaden anrichtet, falls „Luzzi doch mal richtig in die
Luft geht“. Würde das Pferd losrennen und der Sattel wäre noch
nicht fest genug, könnte er rutschen, sich drehen und das Pferd
panisch reagieren. Das passiert mit dem Gurt nicht!
Natürlich ist es sinnvoll, wenn das Pferd bereits mit Dingen auf
dem Rücken konfrontiert wurde, bevor der Sattel das erste Mal
aufgelegt wird. In der Regel werden Pferde mit dem Pad abgeklopft
und berührt, bis es diese Berührungen duldet. Bei uns ist das
nicht anders, denn dadurch können wir den Sattel bald sicher auflegen.
Durch den Longiergurt können wir nun auch angurten. Die nächste
Stufe wäre nun, das Pferd mobil zu bekommen. Es muss lernen mit
dem Sattel zu laufen und das Wackeln der Steigbügel zu ertragen.
Vorsicht bitte bei langen Bügeln, die evtl. noch aus Metall sind
und dabei gegen das Ellenbogengelenk schlagen! Das kann durch
das Zusammenbinden der Bügel verhindert werden. Sie sollen zwar
wackeln, jedoch dem Pferd keine Schmerzen zufügen!
Das erste Trensen
Während der Bodenarbeit der ersten Tage gewöhnen wir das Pferd
außerdem an einen weiteren Ausrüstungsgegenstand, mit dem es in
Zukunft zu Recht kommen sollte:
„Da eine Wassertrense anfangs einen Fremdkörper darstellt,
sollte das junge Pferd daran gewöhnt werden, bevor wir Gebrauch
davon machen.“
Es ist normal, dass Pferde anfangs nicht das Maul öffnen wollen.
Natürlich hilft hier Üben und vorsichtiges Öffnen des Maules.
Hartnäckigen Kandidaten hilft auch der „Honig-Bär“. Etwas Honig
auf die Trense kann da sehr hilfreich sein, so dass das Pferd
die Trense bald mit etwas Positivem verbindet! Die Trense lassen
wir täglich ein bis zwei Stunden in der Box angezogen, damit es
sich daran gewöhnt. Natürlich ohne Zügel und mit einer Sollbruchstelle
am Kopfstück! Auch hier tragen wir Verantwortung und möchten vermeiden,
dass das Pferd am Trog oder Tränkebecken hängen bleibt und sich
verletzt.
Für die Gewöhnung an das Reitergewicht, die ersten Schritte unter
dem Sattel und das Fahren vom Boden nutzen wir jedoch zunächst
ein gebissloses Sidepull.
Die Gewöhnung an das Reitergewicht
Ist das Pferd nun an den Sattel gewöhnt, und auch die Bewegungen
der Bügel während des Longierens stellen kein Problem mehr da,
gewöhnen wir es an einen Reiter. Anfangs von einer Aufstiegshilfe,
damit wir schon etwas weiter „oben“ und in Rückennähe sind. Dann
jedoch fangen wir an, zu zweit zu arbeiten, denn vom Boden sollte
das Pferd uns gut verstehen und uns vertrauen. Sicherheit ist
das oberste Gebot.
In der Regel gibt es durch gute Vorarbeit keine Probleme und Step
by Step steigt der Reiter in den Sattel. Natürlich nur mit etwas
Gewicht im Bügel anfangen, und wenn das Pferd lieb und sicher
steht, immer weiter vortasten, bis wir ganz vorsichtig den Oberkörper
und das zweite Bein über den Rücken bringen können.
„Wenn der Reiter dann den zweiten Fuß in den Bügel bringt,
achten wir darauf, vom ersten Tag an die Waden ans Pferd zu legen.
Bewusst die Beine weg zu strecken, weil es ja erschrecken könnte,
wäre der falsche Weg!“
So arbeiten wir die ersten Tage. Aufsteigen, einige Schritte führen
und wieder absteigen. Das wiederholen wir innerhalb weniger Minuten
öfters. Und während wir das Pferd mit Reiter führen, wird es abgeklopft
und soll sich an Bewegungen im Sattel gewöhnen.
Fahren vom Boden - eine sinnvolle Vorübung
für das Anhalten unter dem Reiter Parallel zum Üben des Aufsteigens
erhält das Pferd nun einige Lektion im Fahren vom Boden. Nicht
zu verwechseln mit der klassischen Doppellongenarbeit, denn bei
unserem Fahren vom Boden verfolgen wir hauptsächlich nur ein Ziel:
Wir wollen nochmals dem Pferd klar machen, dass es bei dem Kommando
„Whow“ und Druck auf der Nase stehen bleiben soll. Das wir dabei
hinter dem Pferd sind, also in anderer Position als sonst (aber
immer mit ausreichend Sicherheitsabstand zu den Hinterbeinen!)
und es noch Seile an den Beinen spürt, sind weitere positive Begleiterscheinungen,
denn sie härten ab und gewöhnen das Pferd an neue Situationen.
Aber auch für diese Lektion wird das Pferd vorbereitet. Damit
es vor den Seilen an den Beinen nicht erschrickt, gewöhnen wir
es an diese neuen Berührungen und Bewegungen: Zuerst streichen
wir mit einer Gerte das Pferd an den Flanken ab, anschließend
wiederholen wir das mit einem Seil. Das Seil befestigen wir nun
locker am Sattel über die Hinterhand von einer Seite zur anderen,
so dass das Pferd genau an der Stelle berührt wird, an der die
Seile der Doppellonge verlaufen.
Durch unsere Bodenarbeitslektionen sollte das Pferd sicher am
Strickhalfter Rückwärts gehen. Dies ist für das Fahren von großem
Vorteil. Für das Fahren binden wir nun die Steigbügel unter dem
Pferd zusammen; ich befinde mich direkt hinter dem Pferd (wieder
mit ausreichen Sicherheitsabstand zu den Hinterbeinen). Durch
Schnalzen und das Antreiben mit den Fahrleinen kriege ich das
Pferd dazu, vorwärts zu gehen. Nach einigen Metern bleibe ich
einfach stehen und sage „Whow“. Das Pferd spürt, wie die Seile
sich spannen und Druck auf das Sidepull ausüben. In der Regel
hält das Pferd an und tritt bei erneutem Druck auf der Nase einige
Schritte zurück.
Diese Lektion dauert etwa 5 bis 10 Minuten – dabei wird einige
Male über den Zügel angehalten. Mir ist es dabei sehr wichtig,
vorwärts am losen Zügel zu fahren, damit das Pferd versteht, dass
es sich frei nach vorne bewegen darf und es dann anhalten muss,
wenn die „vordere Tür“ sich schließt! In der Regel genügen vier
bis fünf Tage, damit die Übung schon recht gut sitzt und brauchbar
aussieht.
Von der Bodenarbeit zu den ersten Lektionen unter dem Reiter
Mit dem Reiter auf dem Pferderücken verlangen wir dann allmählich
die Lektionen der Bodenarbeit. Rückwärtstreten durch Druck auf
die Nase, Schulter weichen lassen usw.. Der Reiter bewegt sich
vorsichtig immer mehr, bis das Pferd Vertrauen in die Bewegung
auf seinem Rücken bekommt und dies zufrieden und gelassen duldet.
Vor 15 Jahren machte ich diese Arbeit noch ganz alleine – zuerst
die Vorarbeit, und dann stieg ich einfach auf. Gelegentlich tue
ich das heute auch noch, weil man im Laufe von Jahren ein Blick
für Pferde bekommt und Situationen besser einschätzen kann. Es
kommt jedoch nicht selten vor, dass man Pferde bekommt, die etwas
ängstlicher sind und trotz guter Vorbereitung „klemmig“ erscheinen.
Jemand, der das Pferd dann führt und ein zweites sicheres, erfahrenes
Pferd in der Bahn helfen solch sensiblen Tieren.
„Durch eine Führperson bei den ersten Reitversuchen und ein
erfahrenes Pferd in der Bahn vermeiden wir für alle Beteiligten
ein unnötiges Risiko. Außerdem tragen wir beim Anreiten immer
Schutzausrüstung! – Auch, wenn wir schon Jahre keine Stürze mehr
hatten!“
Vorsicht vor Selbstüberschätzung: Negative Erlebnisse vermeiden
und Rat beim Profi suchen!
Diese sollten wir auch unbedingt vermeiden! Es kam in den letzten
Jahren immer wieder vor, dass wir Pferde bekamen, die bereits
eine schlechte Erfahrung gemacht hatten. Da dem Einreiten oftmals
keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird, versuchen es unerfahrene
Reiter nicht selten selbst und in Eigenregie. Manchmal mit Erfolg,
und bei vielen Pferden ist das Einreiten in vertrauter Umgebung
Zuhause auch nicht wirklich ein großes Problem. Gelegentlich endet
jedoch ein Selbstversuch erfolglos mit „negativen Erfolgserlebissen“
für das Pferd!
So kommt es vor, dass dann nach dem dritten Crash in die Bande
das Pferd dann doch einem Profi übergeben werden soll, da der
Vater den Wunsch hat, dass die Mutter (kann auch umgekehrt sein!)
das Heranwachsen der gemeinsamen Kinder noch miterlebt. Wenn als
Resultat solcher Reaktionen ein panisches und verängstigtes Pferd
entstanden ist, hilft nur noch Erfahrung und Zeit! Auch der Profi
braucht nun Zeit, da wir hier eine negative Erfahrung im Pferd
haben und das Pferd dabei schon weiß, wie es seinen Reiter los
wird. Das kann die Sache u.U. dramatisch machen. Eines hilft bei
solchen Trainingsergebnissen jedoch auf keinen Fall: Das Pferd
auf die Weide stellen und vergessen lassen!
Sicherheit geht IMMER vor!
Deshalb ist es so wichtig das man sich selbst und dem Trainer
für diese ersten Einheiten Zeit lässt. Es gibt etliche Kollegen,
die selbst nicht mehr einreiten und schon dramatische Unfälle
hatten. Auch wenn unser Beruf mit einem gewissen Risiko behaftet
ist, sollte immer die Sicherheit für das Pferd, die Beteiligten
und den Trainer an oberster Stelle stehen.
Serie Starting Colts
Teil
1: Systematisches und schonendes Training für junge Pferde
Teil
2: Die Voraussetzungen beim Pferd, den Trainingsmöglichkeiten
und dem Equipment
Teil
3: Erste Bodenarbeit und Hufe Geben
Teil
4: Zielorientierte Bodenarbeit als Vorbereitung zum Anreiten
Fortsetzung folgt…
Quelle:
Stefan
Ostiadal
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Petra Roth-Leckebusch für den Bereich Zucht. Zum
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