Nun geht dieser Verband mit Gerd Wilhelm, dem 2. Vorsitzenden der NRHA Germany e.V., in die Offensive und reduziert sich selber vom Dachverband zu einem "Europäischen Zuchtprogramm für Reiningpferde". Das ist insofern bemerkenswert, als daß die NRHA Germany selber die EFRHA noch Mitte Juni explizit als Dachverband für alle europäischen Reiningverbände bekannt gegeben hat, freilich ohne vorher diese europäischen Verbände über ihre neue Dachorganisation zu informieren (mehr dazu hier).
In diesem Zuchtprogramm sollen nun vor zunächst das deutsche NRHA Stallion Service Program (SSP), das italienische Breeder Incentive Program (IRHBA) und das NRHA European Nomination Program vereinigt werden, vor allem die Jungpferdeklassen der drei- und vierjährigen Reiner werden dadurch finanziert mit 66% der Nominierungssummen.
Weitere nationale Zuchtprogramme können durch die NRHA-Tochterverbände ebenfalls eintreten, 25% aller Nominierungsgelder werden wieder an das Affiliate ausgeschüttet.
Ab 2021 soll es dann EFRHA-Turniere geben, dabei werden die jeweiligen Futuritys und Derbys zusammengelegt: Die NRHA Breeders Futurity geht in der NRHA European Futurity auf, das italienische Derby mit dem NRHA European Derby. So soll es in Zukunft "eine Snaffle Bit Futurity für 3-jährige Reiningpferde in Deutschland, eine 3-jährige Futurity Bit in Italien, eine 4-jährige Futurity Bit in Deutschland und ein Derby für 5- bis 7-jährige Pferde in Italien" geben, sagt Wilhelm.
Das wird wohl kaum ohne die offizielle Zustimmung der jeweiligen Verbandsmitglieder gehen.
Samstag in zwei Wochen, am 12. November ab 14.00 Uhr ist nun im Ramada Hotel Frankfurt Airport West eine Infoveranstaltung anberaumt worden, vorweg erläutert Gerd Wilhelm, der 2. Vorsitzenden der NRHA Germany e.V, in einem Interview, wie aus einem Dachverband ein Zuchtprogramm wird. Das Interview führte Petra Feilen, Presseverantwortliche der NRHA Germany.
Die Europäischen Reining-Verbände haben sich mit dem Mutterverband der amerikanischen NRHA getroffen, um über die Zukunft der verschiedenen Zuchtprogramme zu diskutieren. Mit an vorderster Front als Vertreter der NRHA Germany hat Gerd Wilhelm das Vorhaben von Anfang an begleitet. Petra Feilen (Presse NRHA Germany) hat ihn zu Hause auf seiner schönen Reitanlage in Franken besucht.
PF: Aus Pressemitteilungen und im Internet konnte man über die Gründung der European Federation of Reining Horse Associations (EFRHA) lesen. Um was genau handelt es sich dabei?
GW: EFRHA ist im Grunde genommen ein Europäisches Zuchtprogramm für Reiningpferde, das die drei großen Zuchtprogramme in Europa, das deutsche SSP, das italienische IRHBA und das NRHA European Foal Nomination Program zusammenführt. Anders als z.B. das amerikanische NRBC, das mehr oder weniger im Besitz von Privatpersonen geführt wird, ist EFRHA als Dachverband gegründet worden, dem alle europäischen Reiningverbände beitreten können und zur Mitarbeit eingeladen sind.
PF: Gerd, vielleicht erzählst du uns einmal der Reihe nach, wie und warum es zur Gründung der EFRHA gekommen ist.
GW: Sowohl das deutsche SSP als auch das italienische IRHBA basieren auf eingezahlten Hengsten. Durch unterschiedlichste Entwicklungen, nicht zuletzt durch die Einführung von Gefriersamen, ist die Anzahl der Hengste dieser Programme in den letzten Jahren stark zurückgegangen. So hat sich die Anzahl der Hengste im SSP in den letzten zehn Jahren nahezu halbiert und der Anteil von Hengsten im deutschen Besitz hat sich von 70% auf 35% reduziert. Aktuell sind noch ca 170 Hengste im SSP einbezahlt. Aber diese Zahl sinkt kontinuierlich. Diese Entwicklung ist eine große Herausforderung für die NRHA Germany, auch in Zukunft unsere Breeders Futurity und das Derby attraktiv zu gestalten und mit guten Preisgeldern auszustatten. Viele werden sich an die Diskussionen vor einigen Jahren erinnern, das SSP um ein Fohlenprogramm zu erweitern, um so das SSP zukunftssicher zu machen. Die gleichen Diskussionen und Pläne gab es auch in anderen Ländern, u.a. in Italien. Seit mehr als eineinhalb Jahren sprechen die Verantwortlichen der NRHA Germany und der Italian Reining Horse Assocation wie die finanzielle Basis unserer großen Turniere sichergestellt werden und wie weiterhin eine vitale, europäische Züchterszene noch besser entwickelt werden kann – ohne Züchter kein Zuchtprogramm. Die anfängliche Diskussion, die bestehenden Programme lediglich um Fohlenprogramme zu ergänzen, wurde verworfen. Dies hätte zu einer unvertretbaren Verteuerung für Züchter geführt. Insbesondere hätten wohl die etwas „kleineren“ Züchter Abstand genommen, die Fohlen in die unterschiedlichen Programme einzubezahlen. So wurde die Idee geboren ein einheitliches, europäisches Zuchtprogram, das auf Hengste und Fohlen basiert, zu gründen.
PF: Warum hat die Gründung der EFRHA so viel Zeit in Anspruch genommen und warum wurde nicht früher darüber informiert, um mit Fakten der Spekulation den Boden zu entziehen, die ja zwischenzeitlich wilde Blüten getrieben hat?
GW: Ich bin gar nicht der Meinung, dass die Bildung der EFRHA so lange gedauert hat. Nach einigen Vorgesprächen haben sich im letzten November, während der italienischen Futurity in Cremona die Italiener, Franzosen, Deutschen und weitere inoffizielle Vertreter anderer Reinig-Verbände zusammengesetzt und erste konkrete Vorschläge diskutiert. Wenn ich nur daran denke, wie unterschiedlich die Vorstellungen zwischen Deutschen und Italienern am Anfang waren, dann grenzt es an ein Wunder, dass wir schon heute Vereinbarungen haben.
Ein weiteres großes Stück Arbeit ist die Integration des NRHA European Foal Nomination Programs. Wir, NRHA Germany und IRHA, wollten von Anfang an vermeiden, dass das EFRHA Programm als Konkurrenz zum NRHA European Foal Nomination Program gesehen wird. Wir wollten es unbedingt integrieren. Konkurrenz ist an dieser Stelle wirklich nicht förderlich. Es ist sicherlich verständlich und nachvollziehbar, dass einige Gespräche und Meetings notwendig waren dies zu erreichen. Sicher ist man im Nachhinein immer schlauer und sicher hätten wir früher mit mehr Details informieren können. Andererseits wollten wir nicht mit Halbwahrheiten Erwartungen schüren, die am Ende vielleicht gar nicht hätten eingehalten oder umgesetzt werden können.
PF: Kannst du uns die Eckdaten dieses EFRHA Programmes skizzieren?
GW: Wie gesagt, basiert dieses Programm auf der Einzahlung von Hengsten und Fohlen. Es können auch Fohlen, von nicht nominierten Hengsten eingezahlt werden, allerdings zu einem erhöhten Betrag. Eingezahlte Fohlen sind, wenn sie das entsprechende Alter erreicht haben, auf den großen europäischen Futurities und Derbies startberechtigt. Aus den Nominierungsgeldern wird eine 3-jährige Snaffle Bit Futurity in Deutschland, eine 3-jährige Futurity Bit in Italien, eine 4-jährige Futurity Bit in Deutschland und ein Derby für 5 bis 7-jährige in Italien ausgerichtet. Weiterhin erhält jeder angeschlossene Verband einen Refund von 25%, der aus dem jeweiligen Land stammenden Nominierungsgelder. Die NRHA Germany wird mit diesem Refund unser Breeders Derby finanzieren. In Zukunft beabsichtigt EFRHA eine Reining Horse Sale für nominierte Pferde zu veranstalten und speziell ältere Reiningpferde stärker zu fördern.
PF: Warum wurde ein neuer Verband EFRHA gegründet? Wie sind seine Strukturen und wie wird er administriert und organisiert?
GW: Bei Förderprogrammen geht es immer um Geld. Und wenn es um Geld geht, werden die Leute misstrauisch. Wir Deutschen wollten das Geld dem italienischen Verband nicht anvertrauen und umgekehrt. Deshalb wurde ein Verband gegründet, der die Gelder verwaltet. Das ist der einzige Grund für den Verband. Mitglieder in dem neuen Verband sind die verschiedenen europäischen Verbände, die durch Mitglieder der Landesverbände vertreten werden. Die Anzahl der Sitze, die einem Landesverband in der EFRHA zustehen, wird paritätisch, also proportional zur Anzahl der Mitglieder eines Landesverbandes berechnet.
PF: Es wurde gemunkelt, dass die EFRHA als Konkurrenz zur amerikanischen NRHA gegründet wurde und diese über kurz oder lang abservieren will...
GW: Entschuldigung, das ist gelinde gesagt Unsinn. Es ist doch unbestritten, dass wir nur mit gemeinsamen Anstrengungen unseren Reiningsport weiterentwickeln können und nicht mit Zersplitterung und Streit. Sicherlich hatte die NRHA Germany und die NRHA bis vor einigen Jahren keine optimale Zusammenarbeit, aber das ist doch Historie und lange vorbei. EFRHA ist der Rahmen für ein gemeinsames europäisches Reining Horse Zuchtprogram mit den vorher genannten Aufgaben und Zielen und kein Pferdesportverband wie NRHA oder NRHA Germany. Alle Shows, die auf EFRHA Nominierungsgeldern basieren, müssen zwingend NRHA approved sein. Zeitgleich mit den Vorgesprächen zu EFRHA hat das Board der NRHA beschlossen, die NRHA umzustrukturieren. Die NRHA wird sich stärker auf übergeordnete Aufgaben, wie Show Rules, Judging System, Earnings, etc konzentrieren. Die Regionen, North America, Europa, South America und Ozeanien sollen in Zukunft selbstständiger, aber auch mit mehr eigener Verantwortung ihre regionalen Belange organisieren. Dies bringt ganz neue Aufgaben für die europäischen Reining Verbände. Welche Rolle EFRHA in diesem Zusammenhang spielt, muss in aller Ruhe besprochen und einvernehmlich mit allen Verbänden und vor allem mit der NRHA vereinbart werden. Ein weiteres Zeichen für die mittlerweile guten Beziehungen zwischen der NRHA Germany und der NRHA ist die Organisation der NRHA European Futurity in 2017. Die NRHA Germany wird im Auftrag der NRHA die European Futurity organisieren. In den nächsten Tagen werden die dazu notwendigen Vereinbarungen abgeschlossen sein. Das erfordert von beiden Seiten ein großes Maß an Vertrauen und Wertschätzung und ist sicherlich ein deutliches Zeichen an unsere Mitglieder und Öffentlichkeit.
PF: Einige Leute befürchten, dass die Anzahl grosser Shows unter der Zusammenlegung der verschiedenen Zuchtprogramme leiden könnte. Wie siehst du das?
GW: Ja, diese Befürchtungen sind uns bewusst. In den letzten Jahren sind immer mehr europäische Turniere entstanden und der Turnierkalender ist mehr als eng. In nahezu Wochenrhythmus finden große Turniere statt. Diese Entwicklung hat wie alles im Leben zwei Seiten. Mehr Turniere bringt auf der einen Seite eine größere Auswahl für unsere Reiter, stellt aber die Veranstalter vor große Aufgaben. Auch nicht jeder Reiter oder Besitzer ist in der Lage alle überregional bedeutenden Turniere im Wochenrhythmus zu besuchen. Nach unserer Erfahrung und Einschätzung stehen einige Turniere nicht nur terminlich in Konkurrenz, auch für unsere Sponsoren, Unterstützer und Aussteller wird es immer schwieriger, die vielen Turniere zu unterstützen und präsent zu sein. Wir sind überzeugt, dass die Zusammenlegung von einigen Turnieren, insbesondere der Breeders Futurity mit der Euro Futurity, organisiert von der NRHA Germany, und dem Italienischen Derby mit dem Euro Derby, organisiert von IRHA, überwiegend Vorteile bringen wird. Wir haben dann zwei wirklich überragende europäische Turniere, mit einem wirklich attraktiven Preisgeld, das auch erlaubt in den Level 1, 2 und 3 sowohl im NonPro als auch im Open gute Preisgelder auszuloben. Die Verschmelzung dieser Turniere wird erst in den kommenden Jahren realisierbar sein, wobei bereits jetzt diskutiert wird das italienische Derby und das EU Derby in 2017 zusammenzulegen. Dazu ist von der NRHA und dem European Affiliate Council eine Arbeitsgruppe gegründet worden. Diese Arbeitsgruppe hat sich auf der Breeders Futurity erstmals getroffen und wir werden sicherlich in Kürze die Empfehlungen dieser Arbeitsgruppe hören
PF: Die bestehenden nationalen und internationalen Zuchtförderprogramme sollen in die EFRHA überführt werden. Wie soll das von statten gehen?
GW: Wichtigstes und grundlegendes Prinzip des EFRHA ist die Freiwilligkeit. Wir wollen keinen Verband zwingen teilzunehmen. Italien und Deutschland stellen mit großem Abstand die größten Reining-Verbände Europas und wollen vorangehen. Bereits jetzt haben weitere europäische Verbände ihre Mitarbeit zugesichert. Das EFRHA Programm wird in 2017 starten. Im Jahre 2021 werden die ersten Turniere mit dem EFRHA Programm gefördert und finanziert. Bis dahin werden die Turniere laut den heute bestehenden Regeln und Verträgen ausgeführt. Gleichwohl wird derzeit an Möglichkeiten gearbeitet, durch großzügige Übergangslösungen für Startberechtigungen von Pferden, die gemeinsamen Shows bereits früher abhalten zu können.
PF: Wohin fliessen die Gelder, die in das Förderprogamm eingezahlt werden?
GW: 25 % der Nominierungsgelder fliesst an den Heimatverband der Normierenden zurück, soweit er Mitglied von EFRHA ist, massgebend ist der Wohnort, damit Landesverbände ihre Mitglieder motivieren, ihre Fohlen bei der EFRHA einzuzahlen, auch wenn der Landesverband heute noch kein Zuchtförderprogramm hat. Mit den verbleibenden Nominierungsgeldern werden die Preisgelder einer 3-jährigen Snaffle Bit Futurity mit 12%, einer 3-jährigen Futurity Bit mit 33%, einer 4-jährigen Futurity Bit mit 33% und einem Derby mit 22 % finanziert. In Summe erwarten wir Preisgelder von Einer Million Euro für diese Shows.
PF: Veränderung ist für viele Menschen zu allererst etwas Schlechtes. In diesem Zusammenhang wurdest du sicher auch mit Kritik für dieses Vorhaben konfrontiert. Wie gehst du damit um, und was motiviert dich dazu, trotzdem weiter zu machen und sich voll für die Sache einzusetzen?
GW: Ich bin ja nun alt genug, um zu wissen, dass es Verbesserungen und Weiterentwicklungen ohne Veränderungen des Bestehenden nicht geben kann. Kritik, wenn sie sachlich ist, ist ja nichts Schlechtes. Im gegenseitigen Austausch und in der Diskussion entstehen die besten Lösungen. Es ist ja nur menschlich am Bestehenden festhalten zu wollen und alles Neue erst einmal, vielleicht auch überkritisch, zu beurteilen. Insbesondere wenn es komplizierte Sachverhalte sind und alle notwendigen Daten und Informationen nicht zur Verfügung stehen. Wir, die Vorstände der NRHA Germany und selbstverständlich auch ich, sehen es als unsere erste Aufgabe an, zukünftige Entwicklungen vorherzusehen und die NRHA Germany und seine Programme so auszurichten, dass sie auch in Zukunft erfolgreich sind und Basis für weiteres Wachstum und Promotion von Reining gelegt ist. Ich selbst bin seit 2009, durch Zufall, in die Reining-Politik geschlittert. In dieser Zeit hat sich Reining in Deutschland und Europa wesentlich weiterentwickelt. Gemeinsam mit anderen hatte ich die Möglichkeit und das Vergnügen einige entscheidende Programme mit zu erarbeiten und zu begleiten, sei es die Annäherung von NRHA Germany und NRHA, die NRHA European Futurity und Derby, das NRHA European Foal Nomination Program, das äußerst erfolgreiche Partner und Sponsor Programm der NRHA Germany oder die Neuausrichtung der Breeders Futurity und Derby, um einige zu nennen. Alle Vorhaben hatten eines gemeinsam. Sie gelingen nur, wenn man bereit ist einen fairen Umgang und Ausgleich mit möglichst vielen Beteiligten zu erreichen. Das erfordert Beharrlichkeit und Kompromisse. Langfristig setzen sich gute Ideen immer durch. Ich bin überzeugt, EFHRA ist eine gute Idee.
PF: Wie geht es nun weiter, was sind die nächsten geplanten Schritte?
GW: Wie bereits gesagt, der Zeitpunkt ist nun reif, die NRHA Germany Mitglieder umfassend zu informieren und einzubeziehen. Aus diesem Grund werden wir am 12.11.2016 um 14:00 Uhr im Ramada Hotel Frankfurt Airport West, Casteller Straße 106, D-65719 Hofheim-Diedenbergen eine Informationsveranstaltung durchführen, wo wir im Detail über EFRHA informieren und auch Fragen beantworten werden.
Wir werden alle SSP-Hengstbesitzer und alle Mitglieder der NRHA Germany einladen und freuen uns auf eine rege Teilnahme.
PF: Danke Gerd für die ausführliche und verständliche Erklärung von EFHRA.
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